Was sind Blaualgen?

Was sind Blaualgen eigentlich?

Mikroskopaufnahme einer Blaualgenprobe


Der Begriff “Blaualge” ist eigentlich irreführend, denn Blaualgen gehören nicht zu den Algen, sondern zu den Bakterien. Wissenschaftlich korrekt werden sie als Cyanobakterien bezeichnet und bilden eine Gruppe von Mikroorganismen, die zu den ältesten Lebensformen der Erde zählt. Cyanobakterien sind äußerst vielseitig und kommen weltweit in den unterschiedlichsten Lebensräumen vor. Sie besiedeln sowohl Salz- als auch Süßwasser, darunter Seen, Flüsse und Meere, wo sie oft in großen Mengen auftreten und sogenannte “Blüten” bilden können – damit gemeint ist die massenhafte Vermehrung in kurzer Zeit, welche das Wasser grünlich oder bläulich färbt.

Was ist der Lebensraum von Blaualgen?

Auch an Land kommen Cyanobakterien, zum Teil an extremen Standorten, vor. Sie siedeln in der Antarktis unter Eisschichten, überleben in heißen Wüsten, in heißen Quellen, und sogar auf ungeschütztem Gestein und Baumrinden. Dank ihrer robusten Zellstruktur, der Fähigkeit Kolonien aus den eigentlichen Einzellern zu bilden, und ihrer Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche klimatische und chemische Bedingungen, sind Cyanobakterien gut geschützt und schaffen es unter extremen Bedingungen zu überleben.

Diese Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft machen Cyanobakterien für die Forschung besonders interessant. Es wird vermutet, dass sie eines Tages eine wichtige Rolle in der Astrobiologie spielen könnten – der Wissenschaft, die das Leben außerhalb der Erde erforscht. Da sie auch unter Bedingungen überleben können, die denen auf anderen Himmelskörpern ähneln, werden sie als potenzielle Lebensformen für zukünftige Besiedlungsprojekte auf dem Mars oder anderen Planeten in Betracht gezogen (Verseux et al., 2015).

Erfinder der Photosynthese

Cyanobakterien waren vor etwa 2,43 Milliarden Jahren die “Erfinder” der oxygenenen Photosynthese (Demoulin et al., 2019). Sie nutzten erstmals die Lichtenergie der Sonne, um aus Kohlenstoffdioxid und Wasser Zucker (Glukose) herzustellen. Als “Abfallprodukt” wird dabei Sauerstoff freigesetzt, was für die Evolution von enormer Bedeutung war. Diese Entdeckung schuf die Grundlage für die Entwicklung der sauerstoffreichen Atmosphäre auf der Erde. Erste Pflanzen übernahmen diese Fähigkeit, in dem sie Cyanobakterien in ihre Zellen aufgenommen haben. Daraus haben sich nach der Endosymbiontentheorie die Chloroplasten gebildet.

Eine weitere bemerkenswerte Fähigkeit der Cyanobakterien ist die Stickstofffixierung in speziellen Zellen, den so genannten Heterocysten. Stickstoff (NH2) aus der Luft kann gebunden und in Ammoniak (NH3) umgewandelt werden, den wiederum Pflanzen für ihr Wachstum benötigen. Deshalb werden Cyanobakterien der Gattungen Anabaena, Nostoc und Tolypothrix auf Reisfeldern eingesetzt, um den Boden mit Stickstoff zu versorgen und das Pflanzenwachstum zu fördern (Chittora et al., 2020).

Was für eine Rolle spielen Blaualgen im Ökosystem?

Cyanobakterien sind wichtig für das ökologische Gleichgewicht und die Artenvielfalt. Sie produzieren durch die Photosynthese Sauerstoff, was wesentlich zur Entstehung der sauerstoffreichen Erdatmosphäre beigetragen hat. Zudem fixieren sie Stickstoff aus der Luft und wandeln ihn in eine Form um, die Pflanzen direkt nutzen können, wodurch sie die Bodenfruchtbarkeit und das Pflanzenwachstum fördern. Außerdem sind sie eine wichtige Nahrungsquelle für Zooplankton, indem sie z.B. von parasitischen Pilzen zersetzt und so verfügbar gemacht werden. (Frenken et al., 2020)

Auch als Symbiosepartner spielen Cyanobakterien eine wichtige Rolle: sie versorgen ihre Wirte, darunter Moose wie Blasia und Anthoceros, aber auch größere Pflanzen wie Palmfarne (Cycas) und Mammutblätter (Gunnera), mit Stickstoff und weiteren Nährstoffen. In Symbiose mit Pilzen entstehen Flechten, die durch ihre Widerstandskraft extremen Bedingungen standhalten und wichtige Funktionen in Ökosystemen wie der Bodenbildung übernehmen.

Warum können Blaualgen gefährlich werden?

Algenblüte in Fluss

Cyanobakterien sind für den Menschen weitgehend ungefährlich und spielen in der Umwelt eine wichtige, überwiegend positive Rolle. Unter bestimmten Bedingungen können sie jedoch eine Bedrohung sowohl für die Umwelt als auch für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. So führen zu hohe Wassertemperaturen sowie ein sehr hoher Nährstoffeintrag (Eutrophierung) zum sogenannten „Kippen des Sees“. Dies beinhaltet:

  1. Massenvermehrung (Algenblüte)

Bestimmte Arten von Cyanobakterien, wie die Gattung Trichodesmium können sich in warmen, nährstoffreichen Gewässern stark vermehren und Algenblüten verursachen. Dies führt zu einer starken Trübung des Wassers, die das ökologische Gleichgewicht stören und den Sauerstoffgehalt im Wasser drastisch senken kann. Ein bekanntes Beispiel ist die rote Blüte von Trichodesmium erythraeum, die dem Roten Meer vermutlich seinen Namen gab.

  1. Produktion von Toxinen

Viele Cyanobakterien sind in der Lage, giftige Substanzen (Toxine) zu produzieren, die für Tiere und Menschen gefährlich sein können. Diese Toxine gelangen über das Wasser in die Nahrungskette und können bei Menschen und Tieren zu Vergiftungen führen, wenn sie direkt verzehrt oder über die Haut aufgenommen werden. (Sivonen & Jones, 1999)

  1. Sauerstoffzehrung und “tote Zonen”

Wenn Cyanobakterien in großen Mengen absterben und abgebaut werden, verbrauchen die Abbauprozesse durch Mikroorganismen viel Sauerstoff. Dies führt häufig zu einer Sauerstoffzehrung in den betroffenen Gewässern, was zur Bildung von “toten Zonen” führen kann – Bereiche, in denen die Sauerstoffkonzentration so niedrig ist, dass Fische und andere Lebewesen nicht mehr überleben können. Solche Zonen stellen eine erhebliche Gefahr für aquatische Ökosysteme dar. (Wilhelm et al., 2006)

Spirulina – ein Cyanobakterium mit hohem Nährwert und vielseitigen Einsatzmöglichkeiten

Spirulina Pulver

Spirulina, auch bekannt als Arthrospira, ist eine Cyanobakteriengattung, die durch ihre außergewöhnliche Nährstoffdichte und Gesundheitsvorteile weltweit an Bedeutung gewonnen hat. Vertreter dieser Cyanobakterien sind besonders reich an Proteinen, Aminosäuren, Vitaminen (wie B12), Eisen und Antioxidantien und werden in der Nahrungsergänzung als Superfood geschätzt, vor allem in der vegetarischen und veganen Ernährung.

Anders als toxische Cyanobakterien ist Spirulina sicher für den menschlicher Verzehr, solange eine Kontamination der Präparate durch andere Algen ausgeschlossen ist. Es wird als Nahrungsergänzungsmittel, in der Tierernährung und zunehmend auch als nachhaltige, umweltfreundliche Nahrungsquelle verwendet.

Spirulina wächst vor allem in alkalischen, mineralreichen Gewässern, oft in wärmeren Klimazonen. In diesen natürlichen Habitaten vermehrt es sich durch kleine, spiralige Fäden und bildet Kolonien, die eine wichtige Nahrungsquelle für kleine Lebewesen im Wasser darstellen (Radmer, 1996).

Geschrieben von Maike & Hanna